Was bedeutet Führung aus dem HomeOffice?
HomeOffice ist keine Erfindung aus den letzten Monaten. In meiner Firma gibt es die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten schon seit einigen Jahren. Doch mit der Einschränkung von einem Tag pro Woche. Ich spreche hier klar von Telearbeit, also die temporäre Arbeit außerhalb des eigenen Arbeitsplatzes. Die Akzeptanz in meinem Team war durchwachsen aber vorhanden. Nun muss zusätzlich seit einer ganzen Weile aus dem HomeOffice auch geführt werden, was für mich eine ganz neue Erfahrung war.
Was bedeutet Führung den genau?
Aus meiner Sicht ist Führung im Unternehmerischen Sinn eine Gruppe von Menschen auf ein gemeinsamen Ziel hin zu arbeiten lassen. Wenn ich also mein Team als Projektleiter oder Führungskraft führe, muss ich ein gemeinsames Ziel (Ziele) definieren und kommunizieren.
Das reicht nicht alleine aus. Es müssen auch weitere Voraussetzungen geschaffen werden. Welche Strukturen bei mir funktionieren beschreibe ich in den nächsten Absätzen.
Welche Voraussetzungen müssen zum Führen aus dem HomeOffice geschaffen werden?
Zuallererst muss ich mir die entsprechenden Aufgaben für mein Team genau betrachten. Sind diese Aufgaben oder Projekte überhaupt losgelöst vom Arbeitsplatz bearbeitbar? Hierzu prüfe ich folgende Fragen vorab:
- Kann der Umfang (Aufwand / Qualität) der Aufgabe klar definiert werden?
- Wenn nicht, wie definiere ich das Ergebnis?
- Wie viel Eigenverantwortung kann ich meinem Mitarbeiter übertragen?
- Was würde mein Mitarbeiter sagen, wenn er diese Aufgabe delegiert bekommt?
- Wird Equipment oder Informationen benötigt und ist es von zu Hause verfügbar?
- Wenn nicht, wie kann ich es verfügbar machen?
Wenn ich zu dem Entschluss komme, dass die Aufgabe von zu Hause aus beherrschbar ist, muss ich mich fragen, ob auch das notwendige technische Equipment zur Verfügung steht. Die Technik muss laufen, sonst gibt es nur Frust und Unmut im Team. Gutes Equipment ist auch eine Art der Wertschätzung dem Team gegenüber. Hierzu überprüfe ich folgende Punkte:
- Laptop/PC : Hat mein Mitarbeiter das entsprechende Equipment?
- Daten Organisation : Sind die notwendigen Datennetze auch stabil und sicher (z.B. VPN) erreichbar?
- Arbeitsplatz : Benötigt mein Mitarbeiter zusätzliche Ausstattung (Schreibtischstuhl, 2ten Monitor,…) um ein angenehmes HomeOffice zu ermöglichen?
Jetzt muss ich mir mein Mindset als Führungskraft Betrachten. Steht es der Führung aus dem HomeOffice im Weg?
Vertrauen
Kann ich jeden meiner Mitarbeiter oder Projektmitglieder einen Vertrauensvorsprung geben, dass im HomeOffice auch wirklich in bestmöglicher Weise gearbeitet wird? Speziell die Erwartungen an die Arbeitszeit muss genau überprüft werden. Ich akzeptiere, dass mein Mitarbeiter sein tägliches Arbeitspensum verteilt über den Tag abliefert. Es kann vorkommen, das ich meinen Mitarbeiter nicht unverzüglich erreiche.
Umgang mit Zusagen
Geben meine Mitarbeiter klare Zusagen zu Arbeitsaufträge ab und halten sie diese auch ein? Meiner Erfahrung nach halten Mitarbeiter, die im „normal“ Betrieb ihre Zusagen einhalten auch im HomeOffice ein. Wenn das nicht der Fall ist, habe ich als Führungskraft sowieso ein Thema mit dem Mitarbeiter zu lösen.
Verständnis im Team
Ich muss aber als Führungskraft auch akzeptieren, dass eine gewisse Fehlerquote und Ineffizienz in der Durchführung den Umständen geschuldet sein kann. Gerade bei meinem Mitarbeiter mit Kindern zu Hause. Hier kann ich nicht mit dem gleichen Maßstab messen wie im Büro.
Nun muss ich auch von meinem Mitarbeiter ein gewisses Mindset erwarten. Wenn dieses nicht da ist, muss ich als Führungskraft gemeinsam mit Ihnen daran arbeiten.
Offenheit der Teams
Jeder in meinem Team muss eine gewisse Offenheit für das Experiment HomeOffice haben. Natürlich ist es nicht einfach, das ist es für die wenigsten. Aber ich muss dem HomeOffice auch eine Chance geben und versuchen das Beste daraus zu machen.
Reifegrad meines Teams
Ist mein Teammitglied in der Lage mit dem Equipment im HomeOffice umzugehen. Video Konferenzen und Chats sind nicht für alle was Angenehmes. Kann ich hier als Führungskraft helfen?
Vorteile klar aufzeigen
Die Vorteile dürfen nicht von der Hand gewiesen werden. So können viele Mitarbeiter mit Ihren Familien Mittagessen oder Frühstücken. Die kurzen Wege ermöglichen mehr Zeit zu Hause. Familiären Verpflichtungen kann viel besser nachgekommen werden.
Nun wenn wir gedanklich die einzlenen Teammitglieder auf ihre Einstellung zum HomeOffice geprüft habe, muss ich das Team als Ganzen betrachten.
Wie siehts mit dem Teamspirit aus?
Hat mein Team einen gewissen Teamspirit und pflegen regen Austausch? Sehen sie sich als Gemeinschaft oder sind es eher Einzelkämpfer? Wenn das der Fall ist, habe ich als Führungskraft die Aufgabe gemeinsame Erlebnisse zu schaffen. Dies fördert ein Gemeinschaftsgefühl . Aus meiner Erfahrung bieten sich hier folgende Punkt an:
- Projekterfolge gemeinsam feiern (auch online)
- Escape Rooms (Online)
- Kaffee / Mittagspausen (Online)
- Film / Serienabend (Online)
Natürlich werden nicht alle im Team hier mit machen, es geht tatsächlich erst einmal um die „kritische Masse“. Mit dem Rest muss ich als Führungskraft arbeiten und ggf. Hindernisse abbauen.
Wie sieht es mit Vertrauen der Teammitglieder untereinander aus? Wenn dieses Vorhanden ist, werden die einzelnen sich untereinander auch vernetzen und bei Hindernissen online Kommunizieren. Wenn es nicht da ist, muss ich als Führungskraft dieses mit dem Team gemeinsam aufbauen. Dies kann ich als Führungskraft durch gemeinsame Erlebnisse und Transparenz aufbauen. Ebenso ist eine gute Fehlerkultur im Team sehr hilfreich, vertrauen untereinander aufzubauen.
Kommen wir nun zum Kern – der Führung aus dem HomeOffice
Nach meiner Erfahrung muss ich als Führungskraft mich auf 4 Säulen Konzernzentrieren. Wenn diese 4 Säulen im grünen Bereich sind, funktioniert das Team auch im HomeOffice. Diese 4 Säulen sind einmal das Mindset, der Arbeitsplatz, die Struktur und der persönliche Kontakt.
Mindset und Arbeitsplatz haben ich in der Einleitung schon angesprochen. Hier muss ich klar dafür sorgen, dass der Arbeitsplatz „funktioniert“. Das Mindset von mir und jedem einzelnen im Team muss für das HomeOffice passen. Wie sieht es mit Struktur und persönlichen Kontakt aus? Ein paar gute Gedanken zum führen allgemein findest du in den Artikel zum Thema Teamentwicklung.
Die Struktur muss stimmen
Eines der wichtigsten Dinge im HomeOffice ist meines Empfindens nach die Struktur. Gerade jetzt fehlt die regelmäßige Frühstückspause oder gemeinsames Mittagessen mit den Kollegen. Daher ist es wichtig hier als Führungskraft ausgleich zu schaffen.
Definiere Struktur
Meiner Erfahrung nach dem Jahr führen aus dem HomeOffice haben gezeigt, dass in meinem Team diese Eckpfeiler essentiell sind.
- Tägliche StandUps : Aus der agilen Welt übernommen helfen die täglichen kurzen StandUps Kommunikation untereinander zu fördern. Jeder, auch ich als Führungskraft, hat 2-3min Zeit zu erzählen, was er „geschafft“ hat, woran er gerade arbeitet und ob er Hilfe von jemanden benötigt. Auch Raum für belangloses oder SmallTalk muss in dieser Art des StandUps sein. Ein weiterer Vorteil ist Transparenz im Team. Jeder erfährt was sein Kollege gerade macht und kann ggf. von Erfahrungen lernen.
- Team Meetings : Zusätzlich habe ich zusätzlich ein wöchentliches Team Meeting, in dem Neuigkeiten oder Ergebnisse dem Team präsentiert werden. Auch hier ist genug Raum für belangloses oder SmallTalk.
- Team Chat : Eine Chatgruppe mit dem Team, mit der man sich schnell mal austauschen kann. Gerade bei Schwierigkeiten hilft enorm. Den Chat nutze ich auch formlos und auch mal für was Lustiges. Das ermutigt ruhigere Mitglieder meines Teams den Chat zu nutzen.
- Erwartungen und Erreichbarkeit : Als Führungskraft muss ich meinem Team ganz klar kommunizieren welche Erreichbarkeit ich von jedem einzelnen Erwarte. Wie schnell erwarte ich eine Reaktion auf eine E-Mail oder einen Chat. Ebenso muss ich meine Erwartungen bezüglich der Arbeitszeit kommunizieren. Erwarte ich eine 8:00 – 17:00 durchgängige Erreichbarkeit oder erlaube ich Löcher dazwischen. Wir haben einen Team-Kalender für jeden einsehbar, der für größere Pausen oder verkürzte Verfügbarkeit des Einzelnen genutzt wird. Damit weiß jeder ob der Kollege „da“ ist oder gerade nicht.
Wenn die Struktur steht, geht’s zum persönlichen Kontakt den ich als Führungskraft unbedingt pflegen muss.
Der persönliche Kontakt
Auch jenseits von Homeoffice ist der persönliche Kontakt zu jedem einzelnen im Team meiner Meinung nach sehr wichtig. Ich muss als Führungskraft verstehen, wer mein Mitarbeiter ist. Hierzu habe ich mindestens einmal pro Woche ein 1:1 Gespräch mit jedem einzelnen. Diese Gespräche dienen mir als Status, Feedback und auch Coaching Möglichkeit. Aber auch für privates ist genug Raum. Besonders die aktuelle Situation im Homeoffice sollte thematisiert werden. So verstehe ich auch seine individuelle Situation zu Hause und kann ihn verstehen oder auch helfen. Ich erkenne als Führungskraft ebenso wie es meinem Mitarbeiter geht. Sieht er abgekämpft aus, oder geht es ihm gut. Wichtig ist nur, dass meine Aufmerksamkeit in dieser Zeit dem einzelnen Mitarbeiter gewidmet ist. Es versteht sich für mich als selbstverständlich, dass ich im Homeoffice nicht nebenher E-Mails bearbeite. Diese 1:1 Gespräche haben viel mehr potential und ich werde darauf in einem separaten Artikel eingehen.
Zu guter Letzte ein leidiges Thema mit der Kamera. Die Erwartung gegenüber meines Teams ist es, dass sie die Kamera nicht aktiviert haben müssen, doch hier scheiden sich die Geister.
Conclusio
Meiner Erfahrung aus nun mehr 12 Monaten führen aus dem Homeoffice zeigt, dass es funktionieren kann. Ich kann sogar neue Mitarbeiter ins Team bringen. Ich sehe es aber auch als wichtig, dass eine gewisse Struktur und Vertrauen im Team vor Beginn des Homeoffice schon vorhanden ist. Das vereinfacht meine Arbeit als Führungskraft ungemein. Mein Fazit ist , dass es gut funktioniert, wenn auch etwas anders als vor Ort.